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Anwendungen

Im Crashtest: Leichtbaukarosserie für das Auto von morgen

DLR-Wissenschaftler entwickeln Next Generation Car – klein, leicht und elektrisch angetrieben, und mit einer Karosserie in Sandwich-Bauweise aus Aluminium und Kunststoff.

DLR-Wissenschaftler entwickeln Next Generation Car – klein, leicht und elektrisch angetrieben, und mit einer Karosserie in Sandwich-Bauweise aus Aluminium und Kunststoff.

Kleine, leichte und elektrisch angetriebene Fahrzeuge werden neben den öffentlichen Verkehrsmitteln den innerständischen und regionalen Pendelverkehr in Zukunft prägen. Im Zuge des Großprojekts Next Generation Car haben Forscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) ein neuartiges Konzept für Kleinfahrzeuge entwickelt: das Safe Light Regional Vehicle. Der Schwerpunkt dieser Kleinfahrzeuge liege darauf, „eine sehr leichte Karosserie zu bauen, um so möglichst ressourcenschonend unterwegs zu sein. Gleichzeitig wollen wir eine sehr hohe passive Sicherheit bieten, was bestehende Fahrzeuge in diesem leichten Fahrzeugsegment oft nur unzureichend tun“, fasst Gerhard Kopp, Gruppenleiter Leichtbaufahrzeuge und Methoden Straßenfahrzeuge am DLR-Institut für Fahrzeugkonzepte, zusammen.

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Mit einer Reichweite von rund 400 Kilometern basierend auf einem kompakten elektrischen Antriebsstrang, der von einer Brennstoffzelle mit Energie versorgt wird, soll das Safe Light Regional Vehicle (SLRV) vorwiegend als Pendler- und Zubringer-Auto dienen: zum Beispiel, um vom Umland in die Großstadt zu gelangen oder im Umland unterwegs zu sein – also überall dort, wo der öffentliche Nahverkehr nicht flächendeckend ausgebaut ist.

<strong>Metallische Sandwich-Bauweise: leicht, sicher und günstig

Die Karosserie des zweisitzigen SLRV ist niedrig und langgestreckt, um einen möglichst geringen Luftwiderstand zu erreichen. Mit nur rund 80 Kilogramm Gewicht ist sie sehr leicht, gleichzeitig aber sehr sicher und günstig zu fertigen. Möglich macht das die sogenannte Sandwich-Bauweise, die eine sehr gute Steifigkeit im Verhältnis zum Gewicht aufweist. Das eingesetzte Sandwich-Material besteht aus der metallenen Decklage einer Aluminiumlegierung (EN AW 6082) und einem Kunststoffschaum im Inneren. Vorder- und Hinterwagen des Fahrzeugs sind aus Sandwich-Platten zusammengesetzt und dienen als Crashzonen. In ihnen ist auch ein Großteil der Fahrzeugtechnik untergebracht. Die Fahrgastzelle besteht aus einer Aluminium-Bodenwanne (EN AW 6082) mit einer aufgesetzten Ringstruktur. Diese nimmt die Kräfte auf, die während der Fahrt auf das Auto wirken und soll die Insassen bei einem Crash schützen.

„Bisher kommen Strukturen aus Sandwich-Materialien noch nicht in der Serienfertigung von Fahrzeugen vor. Es besteht großer Forschungsbedarf, um das Verhalten solcher Strukturen zu charakterisieren und herauszufinden, wie man mit ihnen am besten baut“, erklärt Michael Kriescher, der das SLRV-Projekt leitet. „Wichtig ist dabei vor allem das Verhalten von Sandwich-Strukturen bei Belastungen bis hin zum Extremfall, dem Crash“, so der DLR-Forscher weiter.

<strong>Auf dem Prüfstand: Die Karosserie im Frontal- und Pfahlcrash

Viele Stunden hat das Team um Kriescher am Computer gesessen, um die Karosserie des SLRV zu konstruieren und unterschiedliche Belastungsfälle zu simulieren. Um ihre Berechnungen zu prüfen, haben die DLR-Wissenschaftler außerdem zwei Prototypen gebaut und auf der hauseigenen Crashanlage des Instituts für Fahrzeugkonzepte in Stuttgart getestet: „Wir haben einen Frontal- und einen Pfahlcrash durchgeführt, ähnlich wie sie auch in der Automobilindustrie vorkommen. Der Pfahlcrash ist dabei besonders schwierig für jede Karosserie. Er simuliert den seitlichen Aufprall eines Fahrzeugs auf einen harten Gegenstand, wie beispielsweise einen Baum“, beschreibt DLR-Ingenieur Kriescher. Für diesen Crash haben die Forscher die SLRV-Karosserie auf einen feststehenden Schlitten geschraubt. Das Hindernis, in diesem Fall ein pfahlähnlicher Impaktor, wurde auf einem beweglichen Schlitten angebracht. Ein Katapult beschleunigte diesen Schlitten innerhalb weniger Meter auf eine Geschwindigkeit von fast 30 Stundenkilometern und ließ ihn auf die Karosserie treffen. Mehrere Hochgeschwindigkeitskameras zeichneten beide Versuche aus unterschiedlichen Perspektiven auf. Mithilfe zuvor auf die Karosserie aufgeklebten Messpunkten konnten die DLR-Forscher dann die Bewegung und Verformung an den einzelnen Stellen der Struktur genau auswerten.

„Beide Crashversuche haben gut funktioniert und uns viele interessante Ergebnisse gebracht, die wir jetzt mit unseren Simulationen vergleichen. So können wir die Karosserie des SLRV Schritt für Schritt weiterentwickeln und gezielt verbessern“, fasst Kriescher die Tests zusammen. Als nächsten Meilenstein wollen die DLR-Wissenschaftler dann einen Demonstrator bauen, also ein fahrfähiges Forschungsfahrzeug.

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