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Schweißen 27. Februar 2024

Wie ein Fass den Schweißprozess ins Rollen brachte

Bei Bär Cargolift sorgten schwere Spulen und das Sprungmaß immer wieder für Probleme beim Schweißen. Nun wurde der Prozess komplett umgekrempelt.

Bär Cargolift legt viel wert auf gerade und saubere Schweißnähte an seinen Ladebordwänden.
Bär Cargolift legt viel wert auf gerade und saubere Schweißnähte an seinen Ladebordwänden.

Die Gerd Bär GmbH, auch bekannt als Bär Cargolift, ist ein Hersteller von hydraulischen Ladebordwänden in Europa. Die Produktpalette von Bär Cargolift umfasst Standard-Ladebordwände, Unterflur-Ladebordwände und ausziehbare Ladebordwände. Diese Ladebordwände sind so konzipiert, dass sie den Lade- und Entladevorgang vereinfachen, die Effizienz steigern und die Sicherheit für die Bediener verbessern. Produziert werden sie am Stammsitz in Heilbronn, wo Gerd Bär bereits vor über 40 Jahren die erste Bär Ladebordwand konstruiert und gefertigt hat. Bär Cargolift legt dabei großen Wert auf Innovation und entwickelt regelmäßig neue Lösungen, um den sich ändernden Anforderungen der Kunden und der Branche gerecht zu werden.

Werkstoff Aluminium

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Für die Ladebordwände nutzt Bär Aluminium, da der Werkstoff entscheidende Vorteile mit sich bringt:

  • Geringes Gewicht: Aluminium ist deutlich leichter als andere Metalle, was zu einer erheblichen Reduzierung des Gesamtgewichts der Ladebordwand führt. Dieses geringere Gewicht trägt dazu bei, die Nutzlast des Fahrzeugs zu erhöhen, da weniger Gewicht für die Ladebordwand selbst aufgewendet werden muss. Außerdem kann der geringere Kraftstoffverbrauch zu Kosteneinsparungen und einer Verringerung der CO2-Emissionen führen.
  • Korrosionsbeständigkeit: Aluminium ist von Natur aus korrosionsbeständig, was bedeutet, dass Ladebordwände aus Aluminium länger halten und weniger Wartung erfordern als solche aus weniger beständigen Materialien. Diese Eigenschaft macht Aluminium besonders geeignet für den Einsatz in Umgebungen mit hohen Feuchtigkeitsgehalten oder wo Salz (z.B. in Küstennähe oder bei Fahrzeugen, die im Winter auf gestreuten Straßen unterwegs sind) die Korrosion beschleunigen kann.
  • Hohe Festigkeit bei geringem Gewicht: Trotz seines geringen Gewichts bietet Aluminium eine hohe Festigkeit, die für die strukturelle Integrität und Zuverlässigkeit der Ladebordwand wichtig ist. Moderne Legierungen und Verarbeitungstechniken verbessern die mechanischen Eigenschaften von Aluminium weiter, sodass es den Belastungen des täglichen Gebrauchs standhalten kann.
  • Recyclingfähigkeit: Aluminium ist zu 100 % recycelbar, ohne dass seine Qualität beeinträchtigt wird. Die Verwendung von recyceltem Aluminium kann den Energieverbrauch und die Umweltauswirkungen im Vergleich zur Verwendung von neu produziertem Aluminium erheblich reduzieren.
  • Gute Verarbeitungseigenschaften: Aluminium lässt sich relativ leicht bearbeiten, schweißen und formen, was die Herstellung komplexer und maßgeschneiderter Ladebordwandkonstruktionen ermöglicht. Diese Flexibilität unterstützt innovative Designs und kann zur Entwicklung von Ladebordwänden beitragen, die speziell auf die Bedürfnisse der Nutzer zugeschnitten sind.
Die Ladbordwände von LKWs müssen vieles leisten. Aluminium ist hierfür ausgesprochen gut geeignet.
Die Ladbordwände von LKWs müssen vieles leisten. Aluminium ist hierfür ausgesprochen gut geeignet.

Automatisierter Alu-Schweißprozess

Bei der schweißtechnischen Produktion seiner Ladebordwände setzt Bär auf automatisiertes MIG-Schweißen mit Roboterschweißzellen von Cloos. Zum Einsatz kommt der Schweißzusatz S Al 5183 (AlMg4,5Mn0,7(A)) mit einem Durchmesser von 1,6 mm, geschützt durch Argon. Bisher wurden die Drahtelektroden auf B-400 Spulen mit einem Gewicht von 40 kg bezogen und in geringer Entfernung zum Drahtvorschubgerät in der Schweißzelle platziert, um die Länge der Drahtzuführung zu minimieren. Diese Konfiguration hatte jedoch mehrere Nachteile. Ein wesentliches Problem ist beispielsweise das sogenannte Sprungmaß des Aluminiumdrahts, das den Durchmesser einer freien Drahtschlaufe nach der Entnahme von der Spule beschreibt. Das Sprungmaß resultiert aus der plastischen Verformung durch den relativ geringen Durchmesser der Spulen und dem Phänomen der Spannungsrelaxation. Plastische Verformung führt zu internen Spannungen im Aluminium, die der Werkstoff über Zeit zu minimieren sucht, um einen energetisch bevorzugten Zustand zu erreichen. Diese Spannungsrelaxation passt die Mikrostruktur des Materials an, wodurch der Draht zusätzlich dauerhaft verformt wird. Mit der Zeit und dem fortschreitenden Verbrauch der Spule reduziert sich das Sprungmaß, was in Folge zu Problemen führt.

Ein verlässlicher Drahtzieher
Robofeed übernimmt die Drahtförderung als Hilfs- oder Hauptantrieb und passt sich den aktuellen Gegebenheiten selbstständig an.

Fehlerquelle Sprungmaß

Die aus dem Sprungmaß resultierende Krümmung der Drahtelektrode verursacht beim Austritt aus der Kontaktdüse des MIG-Schweißbrenners eine kreisende Bewegung und gelegentlich auch ein abruptes Umschlagen. Diese Effekte sind besonders problematisch bei der Erstellung langer, gerader und sichtbarer Schweißnähte, wie sie für Ladebordwände benötigt werden. Darüber hinaus stellte das Handling der schweren, 40 kg Spulen in einiger Höhe eine Herausforderung dar, verbunden mit Berichten über Drahtabrieb und die Notwendigkeit von Nacharbeiten. Bär suchte nach einer Lösung für diese Herausforderung und kam so im Rahmen der Fachmesse "Schweißen & Schneiden 2023" in Kontakt mit Migal.Co. Dieses erste Treffen führte zu einer engen Zusammenarbeit und schließlich zur Implementierung einer Lösung, die das Jumbo XL-Fass mit einem Nettogewicht von 240 kg, das Drahtrichtgerät Robostraight, das Drahtvorschubgerät Robofeed und den PE-Drahtführungsschlauch Duroliner umfasst.

Eigenspannungen und ähnliches führen zu einem kreisenden Drahtende – und das wiederum zu unschönen Schweißergebnissen.
Eigenspannungen und ähnliches führen zu einem kreisenden Drahtende – und das wiederum zu unschönen Schweißergebnissen.

Vorteile der Lösung

Obwohl Aluminiumschweißdraht, der in Fässern geliefert wird, ein größeres Sprungmaß aufweist als in kleineren Spulen, ist er nicht vollständig frei von dieser Eigenschaft. Die Integration des Robostraight Drahtrichtgeräts, das mit 14 Rollen in zwei Ebenen ausgestattet ist, ermöglicht es jedoch, eine ausreichend gerade Elektrode zu erzielen. Das Vorschubgerät Robofeed übernimmt die mechanische Kraft, die sowohl zum Richten des Drahtes als auch zum Transport durch den bis zu 20 m langen Förderschlauch benötigt wird, mit einer einstellbaren und geschwindigkeitsunabhängigen Förderkraft. Dabei ist keine elektrische Verbindung mit der Robotersteuerung erforderlich. Der Duroliner zeichnet sich durch seine hohe Härte und einen niedrigen Gleitreibungskoeffizienten aus, ohne dabei an Bruchfestigkeit zu verlieren – selbst bei häufigem Biegen.

Die Lösung besteht aus dem Drahtrichtgerät Robostraight (unten), dem Vorschubgerät Robofeed (mitte) und dem Drahtführungsschlauch Duroliner (oberer Bildrand).
Die Lösung besteht aus dem Drahtrichtgerät Robostraight (unten), dem Vorschubgerät Robofeed (mitte) und dem Drahtführungsschlauch Duroliner (oberer Bildrand).

Ausrüstung von insgesamt vier Schweißstationen

Bei Bär stand die Ausstattung von insgesamt vier Schweißstationen zur Debatte, weshalb man sich entschied, die vorgeschlagene Lösung eingehend zu testen, bevor eine endgültige Investitionsentscheidung getroffen wurde. Jan Petzold, zuständig für die Schweißtechnik bei Bär, zusammen mit Robert Lahnsteiner von Migal.Co, nahm die Installation der ersten Station in Angriff. Nachdem diese Einrichtung über einige Wochen hinweg ohne jegliche Beanstandungen zu den gewünschten Ergebnissen – gerade Schweißnähte, kein Abrieb im Drahtfördersystem, ein störungsfreier Betrieb und eine signifikante Reduktion der Nacharbeiten – führte, folgte der Erwerb und die Inbetriebnahme von insgesamt vier Einheiten.

Jan Petzold, zuständig für die Schweißtechnik bei Bär (links), zusammen mit Robert Lahnsteiner von Migal.Co, nahm die Installation der ersten Station in Angriff.
Jan Petzold, zuständig für die Schweißtechnik bei Bär (links), zusammen mit Robert Lahnsteiner von Migal.Co, nahm die Installation der ersten Station in Angriff.

Niedriger CO2-Fußabdruck

Bei Bär Cargolift sind Nachhaltigkeit und Umweltschutz ein wichtiges Thema. Durch die Verbesserung der Energieeffizienz seiner Produkte und die Verringerung der Umweltauswirkungen seiner Produktionsprozesse strebt das Unternehmen danach, einen positiven Beitrag zur Umwelt und zur Gesellschaft zu leisten. Auch hier passt die Lösung von Migal.Co ins Programm: Die Aluminiumdrahtelektroden zeichnen sich laut Hersteller durch einen niedrigen CO2-Fußabdruck aus, der mit weniger als 4 kg CO2 pro kg Aluminium etwa 25 % des branchenüblichen Durchschnittswertes für Aluminium betrage. Ein bedeutender zusätzlicher Vorteil resultiert aus den geringeren Rüstzeiten des 240 kg Fasses im Vergleich zu den 40 kg Spulen, sowie dem eliminieren der Notwendigkeit, Spulen in mehreren Metern Höhe innerhalb der Roboterzelle zu handhaben.

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